Das Leben des Hans Joachim Albert Litten (19.06.1903 – 05.02.1938), des Berliner Anwalts, der Adolf Hitler in den Zeugenstand nahm, der heute vor 115 Jahren geboren wurde, ist bewegend und motiviert.
Hans Litten unterstützte 1931 als Nebenklägervertreter im Edenpalast-Prozess die Zeugenladung Adolf Hitlers, um ihn zum Legalitätsverständnis der NSDAP zu befragen. Er verwickelte den Zeugen in Widersprüche, befragte ihn über dreieinhalb Stunden lang – eine Zeit, die der Zeuge stehend verbringen musste – und bewirkte sodann durch Nennung einer einfachen, der Zeugenaussage entgegenstehenden Tatsache, dass sich der unter den Augen der Presse beobachtete, zwischenzeitlich sichtlich nervös und erschöpft wirkende Adolf Hitler mit dem Vorwurf der Falschaussage konfrontiert sah (Mauntel in „Litten und Hitler – der Edenpalast-Prozess vor dem Langericht Berlin“, AnwBl 2013, 836).
Zwei Jahre später, in der Nacht des Reichsbrandes, wird Litten in „Schutzhaft“ genommen, im Gefängnis, im KZ und im Arbeitslager gefoltert und zur Schwerstarbeit gezwungen – bis er nur noch an Krücken gehen kann. In all dieser Zeit habe er sich nach Berichten Überlebender seine Würde und Menschlichkeit bewahrt (Patricia Litten in „Taken at Midnight, Eine besondere Erinnerung an Hans Litten“, BRAK Magazin 2017, 6), Mithäftlingen Vorträge über Literatur, Kunst, Metaphysik und Jura gehalten und dabei Ausschnitte aus Büchern zitiert.
Hans Litten muss ein sehr interessierter, geradliniger und mutiger Mensch gewesen sein.
Nach ihm wurde die Berliner Littenstraße benannt, Sitz des Amts- und Landgerichts Berlin, der Bundesrechtsanwaltskammer, des Deutschen Anwaltsvereins und weiterer juristischer Institutionen. Ihre Briefe und Emails tragen täglich die Erinnerung an Litten in die Welt (Pickel in „Kämpfen um jeden Preis für den Rechtsstaat?“, AnwBl 2016, 906).
In dem Nachwort des Buches Hans Littens Mutter „Eine Mutter kämpft gegen Hitler“, weist Heribert Prantl auf das Schicksal heute verfolgter Anwälte und Anwältinnen hin, die seine Nachfahren seien.
Es gibt den „Tag des verfolgten Anwalts“ am 24. Januar jeden Jahres, und viele Institutionen und Menschen setzen sich mit ihrer Kraft für ein menschenrechtskonformes Legalitätsverständnis weltweit ein, darunter Anwälte, die selbst verfolgt wurden. Sie verdienen Aufmerksamkeit, Würdigung und Unterstützung.
Angesichts der Konfrontation mit Hans Litten kann man sich fragen: Wo kann ich noch zulegen? Motiviert mein Leben andere? Wofür werden meine Nachfahren stehen?